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Milch, Ei, Käse und Quark: Laktose und Eiweiß

Laktose: Ursache für Bauchweh und Unwohlsein

Viele Menschen wissen nicht, dass sie Laktose nicht vertragen. Von klein auf sind sie daran gewöhnt, Milch und Milchprodukte zu sich zu nehmen. Diese gelten als gesund, sind wohlschmeckend und gewohnter Bestandteil vieler Rezepte. So bleibt die Ursache von Bauchschmerzen und Durchfall oft lange unerkannt. Dabei ist der Unverträglichkeit von Laktose weit verbreitet.

Laktose: Für viele Menschen unverträglich

Weltweit sind Menschen, die als Erwachsene noch Milch vertragen, in der Minderheit. In den skandinavischen Ländern, in England und Frankreich vertragen über 90 Prozent der Menschen als Erwachsene Laktose. In Deutschland sind es noch 80 Prozent, in Griechenland etwa 75 Prozent und in Afrika und Asien weniger als 20 Prozent. Als Gründe dafür werden verschiedene Theorien diskutiert. Drei dieser Ansätze sind am häufigsten anzutreffen:

  • Kulturhistorische These: Mit Entwicklung der Milchwirtschaft hatten Menschen, die Milch problemlos vertrugen, größere Chancen zu überleben, Nachkommen zu zeugen und sie aufzuziehen.
  • Genetische Hypothese: Die Unverträglichkeit von Laktose ist genetisch bedingt und wird vererbt. Die Basis für diese Theorie bildeten breit angelegte Familienstudien im kaukasischen Raum.
  • These vom Entwicklungsfortschritt: Zunehmende Unverträglichkeit von Milch erleichtert dem heranwachsenden Säugling die Umstellung von Muttermilch auf feste Nahrung. Diese Hypothese berücksichtigt, dass die Verträglichkeit von Laktose genau in diesem Lebensabschnitt am stärksten nachlässt.

Tatsache ist, dass weltweit bei den meisten Menschen mit zunehmendem Alter die Verträglichkeit von Milch abnimmt. Nur für Neugeborene ist es lebenswichtig, dass sie die in der Muttermilch enthaltene Laktose verstoffwechseln können. Dafür steht ihnen von Geburt an das Enzym Laktase zur Verfügung.

Laktase spaltet Milchzucker

Laktase ist ein Enzym, das im Dünndarm produziert wird. Der Körper braucht es, um Laktose aufzuspalten. Erst wenn die Laktose in ihre Bestandteile Traubenzucker (Glukose) und Schleimzucker (Galaktose) zerlegt ist, kann sie vom Dünndarm aufgenommen und dem weiteren Stoffwechsel zugeführt werden.

Wird dieser Schritt der Verdauung nur unzureichend oder gar nicht vollzogen, wandert die Laktose als Ganzes weiter in den Dickdarm. Die hier angesiedelten Mikroorganismen erfüllen ihre Aufgabe: Sie vergären den Nahrungsbrei und entziehen ihm Wasser. Dieser Vorgang wird Fermentation genannt. Während die Bakterien die Laktose fermentieren, entstehen Abbauprodukte: Milch- und Essigsäure, Kohlendioxid, Methan und Wasserstoff. Das hat Folgen für den Betroffenen:

  • Die Säuren regen die Darmbewegungen an. So entsteht die Neigung zu Durchfällen.
  • Milchzucker bindet eine große Menge Wasser. Dadurch steigt das Flüssigkeits-Volumen im Dickdarm auf das Fünffache. Der so entstehende Druck auf die Darmwand löst Durchfall aus.
  • Regelmäßige Durchfälle erzeugen im Darm ein saures Milieu, das die Darmschleimhaut angreift. Die Folge sind chronische Darmbeschwerden und eine weitere Einschränkung der Produktion und Aktivität der Laktase.
  • Die bei der Fermentation entstehenden Gase werden durch Blähungen abgeführt. Jedoch passiert dies oftmals nicht sofort, sondern erst Stunden später. Bis es soweit ist, bleibt der Bauch sschmerzhaft aufgebläht.
  • Ein Teil der Gase gelangt durch die Darmwand in die Blutbahn und löst dort Vergiftungserscheinungen aus. Diese machen sich durch Schwindelgefühl bemerkbar.

Je nach Menge und Aktivität der Laktase kann der Körper eine gewisse Menge von Laktose verarbeiten. Was darüber hinausgeht, verursacht die oben beschriebenen Beschwerden.
Bei den meisten Menschen nimmt die Verträglichkeit von Laktose mit steigendem Alter ab. Das ist ein natürlicher Vorgang und wird erworbener oder primärer Laktasemangel genannt.

Laktasemangel: Primär, sekundär oder kongenital

Der primäre Laktasemangel beschreibt das Nachlassen der Enzymaktivität mit zunehmendem Lebensalter. Während der Säugling noch eine Laktase-Aktivität von 100 Prozent hat, sind es beim Schulkind etwas 50 Prozent, beim jungen Erwachsenen etwa 20 Prozent und beim 50-Jährigen nur noch 10 Prozent.
Das sind ungefähre Werte, die individuell verschieden ausgeprägt sind. Allgemein gilt, dass der primäre Laktasemangel nicht umkehrbar ist. Menschen, die ihr Leben lang eine unverändert hohe Aktivität der Laktase aufweisen, stellen weltweit eine Minderheit dar.

Wird der Laktasemangel durch bestimmte Umstände ausgelöst, spricht man vom sekundären Laktasemangel. Auslöser hierfür können sein:

  • Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts wie Morbus Crohn, Colitis Ulcerosa, Zöliakie und Gastroenteritis
  • Operationen im Magen-Darm-Bereich, insbesondere die Entfernung eines Darmabschnitts
  • Medikamente wie Antibiotika und Zytostatika
  • Häufige Röntgenbestrahlung
  • Nahrungsmittelunverträglichkeiten wie Histaminintoleranz oder Fructoseintoleranz
  • Reizdarmsyndrom, das nicht durch die Laktoseintoleranz entstanden ist
  • Bei Säuglingen: Magen-Darm-Infekte.

Der sekundäre Laktasemangel kann sich mit Beseitigung des Auslösers wieder zurückbilden.

Sehr selten tritt der kongenitale Lactasemangel auf. Er ist genetisch bedingt und ist schon bald nach der Geburt festzustellen. Die Säuglinge können keine Laktose verdauen und bekommen schwere Durchfälle. Es besteht die Gefahr von schweren Gedeihstörungen, sie müssen deshalb eine spezielle laktosefreie Nahrung erhalten. Ihr Leben lang dürfen die Betrofffenen keine Laktose zu sich nehmen. Der seltene kongenitale Laktasemangel ist in den  letzten 35 Jahren weltweit nur 40 Mal bekannt geworden.

Reicht es aus, Milch zu meiden?

multidigest kleinWenn mit zunehmendem Alter die Verträglichkeit von Laktose abnimmt, könnte es doch ausreichen, einfach weniger Milch zu trinken? So einfach ist es leider nicht. Grund: Milchzucker ist nicht nur in Milch enthalten, sondern auch in zahlreichen Produkten, in denen man ihn nicht vermuten würde.

Die Zutatenlisten der Nahrungsmittelzubereitungen geben Auskunft über die Zugabe von Milchzucker. Das betrifft nicht nur Milchprodukte, sondern auch Brot und Backwaren, Wurst, Müsli und Süßigkeiten. Auch Fertiggerichte sind vielfach mit Laktose angereichert.

Die Kennzeichnungspflicht verpflichtet die Hersteller, zugesetzte Milch und Milchzucker auf ihrer Zutatenliste aufzuführen. Für Betroffene ist es wichtig, die Begriffe zu kennen, hinter denen sich Laktose verbirgt:

  • Joghurt
  • Laktose (Lactose)
  • Magermilch
  • Magermilchpulver
  • Milch
  • Milchpulver
  • Milchzucker
  • Rahm
  • Sahne
  • Sauermolke
  • Sauermolkepulver
  • Süßmolke
  • Süßmolkepulver
  • Vollmilch
  • Vollmilchpulver
  • Gewürzmischungen

Zusatzstoffe, die frei von Laktose und daher im Bezug auf Laktose unbedenklich sind:

  • Aromen und Gewürze
  • Bindemittel
  • Gewürzmischungen (enthalten keine oder nur wenig Laktose)
  • Milcheiweiß
  • Milchsäure
  • Modifizierte Stärke
  • Verdickungsmittel

Unverpackten Waren wie Fleisch-, Brot- und Fischwaren liegt keine Zutatenliste bei. Hier sollten Betroffene die Inhaltsstoffe direkt beim Händler erfragen.

Für immer verzichten?

Wer eine Laktoseintoleranz bei sich vermutet oder vom Arzt bestätigt bekommt, muss nicht auf alle Milchprodukte verzichten. Je nachdem, wie viel Laktase der Dünndarm noch bildet, sind der gelegentliche Genuss von Milch und Milchprodukten in kleinen Mengen bekömmlich.

Und es gibt eine Ausnahme, den Joghurt. Er enthält zwar reichlich Laktose, wird jedoch anders verdaut, weil er Milchsäurebakterien enthält. Diese kleinen Helfer geben aus ihrem Körperinneren einen Teil der darin enthaltenen Laktase ab und unterstützen damit die Verdauung.

Außerdem verweilt Joghurt aufgrund seiner Konsistenz länger im Dünndarm, so dass die Bakterien und die aktive Laktase mehr Zeit für das Zerlegen der Laktose haben. Wichtig ist jedoch, dass dem Joghurt keine zusätzliche Laktose zugesetzt wurde. Außerdem sollte er nicht erhitzt worden sein, also „unpasteurisiert“ sein. Es hat sich auch gezeigt, dass fettreicher Joghurt bekömmlicher ist, weil er länger im Darm verbleibt als fettarmer Joghurt.

Auch harte und halbharte Käsesorten sind bekömmlich, denn sie enthalten nur geringe Mengen Laktose.

Wer also an den oben beschriebenen Beschwerden leidet, sollte für einige Zeit seinen Konsum von Milchprodukten auf moderate Mengen von Joghurt und Hartkäse beschränken. Möglicherweise wird er schon bald eine deutliche Besserung seines Befindens feststellen.

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