Endlich scheint die Ursache Ihrer Beschwerden gefunden: Nach Anamnese, Auslassdiät und Atemtest stellte der Arzt eine Laktoseintoleranz fest. Doch obwohl Sie alle Ernährungsregeln einhalten, ist Ihr Zustand noch immer nicht viel besser? Daran könnte eine zweite Unverträglichkeit schuld sein. Öfter als gedacht tritt die Kombination aus Laktose- und Fructoseintoleranz auf. Das ist kein Zufall, denn beide haben ihren Ursprung im Dünndarm.
Laktose- und Fructoseintoleranz: Ursprung im Darm
Laktose und Fructose haben etwas gemeinsam: Beide gehören zu den Kohlehydraten. Dabei ist Fructose ein Einfachzucker (Monosaccharid), Laktose ein Zweifachzucker (Disaccharid). Noch interessanter aber ist die Tatsache, dass die Verwertung beider Zuckerarten die Voraussetzungen im Dünndarm liegen.
Laktoseintoleranz: Was, wenn die Laktase fehlt?
Die Schleimhaut unseres Dünndarms stellt das Enzym Laktase her. Es spaltet die Laktose in zwei Einfachzucker auf, die der Körper problemlos aufnehmen kann. Reicht die Laktase nicht aus, wandert die Laktose weiter in den Dickdarm, wo sie von Mikroorganismen abgebaut wird. Dabei entstehen verschiedene Abbauprodukte, die Auslöser von unangenehmen Beschwerden sind:
- Kurzkettige Fettsäuren regen die Darmbewegung an, so dass die Neigung zu Durchfällen steigt.
- Kohlendioxid, Methan und Wasserstoff sammeln sich im Dickdarm und erzeugen schmerzhafte Blähungen.
- Da Laktose neigt dazu, große Mengen von Wasser zu binden. Dadurch erhöht sich das Darmvolumen und es kommt zu vermehrten Durchfällen.
Im Laufe des Lebens nimmt bei vielen Menschen die Produktion von Laktase ab. Das bedeutet, dass sie immer weniger Milchzucker vertragen. In unseren Breiten wird dieses Phänomen als Störung gesehen. In anderen Gegenden jedoch ist es ganz normal, dass Erwachsene keine Milchprodukte mehr vertragen. Auch Belastungen der Darmflora durch Medikamente oder Darmerkrankungen können die Produktion von Laktase einschränken. Eine weitere Aufgabe des Dünndarms ist der Transport von Fructose.
Fructoseintoleranz: Der Transport muss klappen
Für die Aufnahme der Fructose produziert die Dünndarmschleimhaut ein Transporteiweiß, das GLUT-5. Es schleust die Zuckermoleküle in die Dünndarmzellen, so dass sie mit dem Blutstrom im Körper verteilt werden können. Die Kapazität von GLUT-5 hat allerdings ihre Grenzen: Pro Mahlzeit kann es 20 bis 30 Gramm Fructose transportieren. Das klingt recht viel, jedoch ist diese Menge schnell überschritten. Der Grund: Fructose ist nicht nur in Früchten enthalten, sondern auch in vielen Nahrungsmitteln, in denen wir es nicht erwarten würden. Beispiele sind:
- Brokkoli 1,1 Gramm je 100 Gramm
- Cola-Getränke: 2,08 Gramm je 100 Gramm
- Diät-Joghurt mit Fruchtzubereitung: 0,46 Gramm je 100 Gramm
- Lyoner Wurst: 0,09 Gramm je 100 Gramm
- Pommes Frites: 0,15 Gramm je 100 Gramm (1 kleine Portion)
Dazu kommen Früchte und Fruchtzubereitungen:
- Äpfel: 6 Gramm je 100 Gramm (etwa 1 kleiner Apfel)
- Pfirsichkompott: 0,67 Gramm je 100 Gramm
- Rosinen ca. 33 Gramm je 100 Gramm
- Trauben etwa 8 Gramm je 100 Gramm
Auch vielen Wurstwaren, Pizzen, Backwaren und Fertiggerichten ist Fructose beigemischt. Fructose ist für die Industrie sehr preiswert und hat eine höhere Süßkraft als Haushaltszucker. Deshalb wird er gern als Süßungsmittel eingesetzt, um den Geschmack der Zubereitungen zu intensivieren.
Ein weiterer Faktor wirkt sich auf die Verwertung von Fructose aus: Die gleichzeitige Aufnahme von Traubenzucker verbessert die Aufnahme von Fructose. Dagegen wirken Xylit und Sorbit sich hemmend aus.
Im Laufe des Lebens kann sich also eine Fructoseintoleranz entwickeln, weil das Transporteiweiß GLUT-5 durch industriell produzierte Nahrung und reichlichen Genuss von Früchten überlastet wird, so dass seine Funktion nachlässt. Der vollständige Name der Krankheit lautet: Intestinale Fructoseintoleranz. „Intestinal“ bedeutet: Von Darm ausgehend und fasst den Ursprung der Erkrankung damit zusammen.
Laktose- und Fructoseintoleranz: Was war zuerst da?
Die Laktose- und Fructoseintoleranz haben eine weitere Gemeinsamkeit: Sie entwickeln sich langsam und bleiben oft lange unerkannt. Das hat zur Folge, dass die Darmschleimhaut des Dünndarms langfristig geschädigt wird und sich die Besiedlung mit notwendigen Mikroorganismen (Darmflora) verändert. Gleichzeitig vermehren sich die Mikroorganismen im Dickdarm, dadurch werden Blähungen und Durchfall ausgelöst. Es ist also leicht vorstellbar, dass sich die Laktose- und Fructoseintoleranz nacheinander entwickeln. Meist bleibt dabei verborgen, welche Unverträglichkeit zuerst bestanden hat. Muss nun der Speiseplan noch weiter eingeschränkt werden? Dürfen Sie weder Milchprodukte noch Früchte essen?
Laktose- und Fructoseintoleranz: Nicht auf alles verzichten
Laktose- und Fructoseintoleranz sind keine Allergien. Das bedeutet, dass Sie eine kleine Menge von Fruchtzucker und Milchzucker vertragen. Wenn Sie bereits die Diagnose Laktoseintoleranz haben, kennen Sie die Auslassdiät. Mit ihrer Hilfe haben Sie Ihre individuelle Toleranzgrenze für Laktose ermittelt. Wahrscheinlich vertragen Sie Sauermilchprodukte wie Naturjoghurt besser als Milch. Und Sie wissen, dass Joghurt oder Käse mit hohem Fettgehalt besser verträglich sind, weil sie langsamer abgebaut werden.
Nachdem Sie eine Auslassdiät für Fruchtzucker durchgeführt haben, wissen Sie etwa, wie viel davon Sie vertragen. Die Verträglichkeit von Fruchtzucker verbessert sich, wenn Sie ihn gleichzeitig mit Traubenzucker aufnehmen. Sie meiden Sorbit und Xylit, weil diese die das Transportprotein GLUT 5 hemmen und damit die Aufnahme von Fruchtzucker verschlechtern. In frischen Nahrungsmitteln kommen Laktose und Fructose meist nicht gleichzeitig vor, das erleichtert die Auswahl Ihrer Speisen und Getränke.
Tipps zum Umgang mit der Laktose- und Fructoseintoleranz
- Wichtig: Sorgen Sie dafür, dass Ihr Körper ausreichend mit Folsäure und Zink versorgt ist. Ein Mangel dieser Mikronährstoffe ist häufig mit Fructoseintoleranz verbunden. Ein gutes Nahrungsergänzungsmittel ist frei von Gluten, Frucht- und Milchzucker.
- Greifen Sie auf laktosefreie Milchprodukte zurück, jedoch vermeiden Sie fertige Zubereitungen wie etwa Fruchtjoghurt.
- Die Milchsäurebakterien im Naturjoghurt unterstützen den Darm und beruhigen ihn.
- Achten Sie bei Wurstwaren auf den Gehalt an Kohlehydraten. Nur wenn der Gehalt mit „0“ angegeben ist, können Sie davon ausgehen, dass weder Fruchtzucker noch Milchzucker darin enthalten sind.
- Früchte sollten Sie nur in kleinen Mengen verzehren, am besten als Dessert nach einer Hauptmahlzeit.
- Meiden Sie Süßwaren wie Schokolade, Honig, Eis und Marmelade. Sie enthalten entweder Fruchtzucker oder Sorbit. (Sorbit hemmt den Transport von Fruchtzucker)
- Die meisten Fertigsaucen und -suppen, Dressings und Marinaden, da sie meist Fructose oder Sorbit enthalten. Dasselbe gilt für Backmischungen.
- Für den angegriffenen Darm sind Ballaststoffe und Kohlgemüse eine Belastung. Meiden Sie deshalb Vollkornprodukte wie Haferflocken und Hirse, ebenso Kohlarten, Bohnen, Lauch und Hülsenfrüchte.
- Hat sich der Darm erholt, können Sie vorsichtig testen, welche Früchte- und Gemüsesorten für Sie bekömmlich sind.
- Lassen Sie sich von einer Ernährungsfachkraft individuell beraten. Achten Sie darauf, dass diese über einschlägige Kenntnisse der Laktose- und Fructoseintoleranz verfügt.
Nach einer Zeit der Umgewöhnung werden Sie feststellen, dass auch mit der Kombination Laktose- und Fructoseintoleranz möglich ist, Ihren Speiseplan abwechslungsreich und gesund zu gestalten. Einschlägige Einkaufsführer und Kochbücher helfen Ihnen dabei.
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