Nur ein Viertel der erwachsenen Weltbevölkerung verträgt Milch und Milchprodukte. Doch die Zahl der Menschen mit Laktoseintoleranz wächst. Sie müssen Milch meiden und alle Produkte, die den Milchzucker Laktose enthalten. Grund: Diesen Menschen fehlt das Enzym Laktase.
Laktase wird im Dünndarm produziert. Dort spaltet sie den Milchzucker und macht ihn damit für die weitere Verdauung bereit. Ist keine oder zu wenig Laktase vorhanden, wandert der Milchzucker vom Dünndarm in den Dickdarm und ist dort Gärungsprozessen ausgesetzt, bei denen organische Säuren und Gase entstehen. Die Gase verursachen Bauchschmerzen und Völlegefühl. Die vermehrte Bindung von Wasser durch die Säuren führt zu Durchfall.
Der Mangel an Laktase kann angeboren sein oder sich später einstellen. Drei Viertel der erwachsenen Menschen auf der Welt können Milch nicht verdauen.
Nach der Stillzeit: Keine Laktase im Darm
Drei Viertel aller Menschen auf der Erde vertragen spätestens nach dem sechsten Lebensjahr keinen Milchzucker mehr. Sie konnten zwar während der Stillzeit die Muttermilch verdauen, jedoch stellt der Darm nach dem Babyalter die Produktion der Laktase allmählich ein. Laktoseintoleranz ist für sie der Normalzustand.
Der Verzehr von Milch hat sich erst in der Jungsteinzeit in Asien und hauptsächlich im Norden Europas entwickelt. Dieser Prozess begann vor etwa 12.000 Jahren. In dem Maße, wie sich neben dem Ackerbau auch die Viehzucht entwickelte, veränderten sich die Ernährungsgewohnheiten der Menschen. Sie hielten Kühe, Ziegen, Schafe und Esel und gewannen deren Milch. Die Milch wurde nicht nur getrunken, sondern schon damals zu Käse, Sahne und Butter verarbeitet.
Damit war, besonders für den Winter, eine wichtige Eiweißquelle gewonnen. Menschen, deren Dünndarm „zufällig“ Laktase produzierte, hatten eine größere Chance zu überleben. Sie vererbten diese Fähigkeit an ihre Nachkommen. So wurde eine „genetische Mutation“ in einigen Gegenden zur Normalität.
Doch noch immer gibt es viele Menschen, die Milch nicht vertragen. In vielen Gegenden der Welt sind sie in der Mehrzahl.
Laktoseintoleranz: Regionale Unterschiede
Ein Vergleich der verschiedenen Regionen zeigt starke Unterschiede in der Verträglichkeit von Milch: In Schweden haben zwei Prozent der Bevölkerung eine Milchzuckerunverträglichkeit, während es in Sizilien etwas siebzig Prozent sind. Von den Bewohnern Österreichs vertragen 15 bis 20 Prozent keine Milch, in China sind es neunzig Prozent. Von der deutschen Bevölkerung sind etwa 15 Prozent von der Laktoseintoleranz betroffen.
Alle diese Menschen leiden beim Verzehr von Milch unter unangenehmen Symptomen wie Bauchschmerzen, Völlegefühl oder Durchfall.
Milchzuckerunverträglichkeit kann verschiedene Ursachen haben. Man unterscheidet die primäre und sekundäre Laktoseintoelranz.
Welche Formen der Laktoseintoleranz gibt es?
Die gerade beschriebene primäre Laktoseintoleranz tritt am häufigsten auf. Von ihr sind insgesamt 75 Prozent der erwachsenen Weltbevölkerung betroffen. Nehmen diese Menschen nach dem Kleinkindalter Milchzucker zu sich, bekommen sie unterschiedlich stark ausgeprägte Verdauungsbeschwerden.
Die sekundäre Laktoseintoleranz entwickelt sich als Nebenwirkung von Erkrankungen. Die Zellen, die bisher Laktase produziert haben, wurden geschädigt und stellen ihre Tätigkeit ein.
Die Ursache kann eine entzündliche Darmerkrankung wie Morbus Crohn sein, eine Chemo- oder Strahlentherapie oder eine Operation am Darm. Auch Zöliakie kommt als Ursache für Laktoseintoleranz in Frage. Selbst eine starke Durchfallerkrankung kann den Darm so schädigen, dass er die Produktion von Laktase zeitweilig vermindert oder einstellt.
Sobald die Grunderkrankung behandelt wurde und sich der Darm erholt hat, besteht die Chance, dass wieder Laktase gebildet wird.
Der Patient kann nun schrittweise den Verzehr von Milchprodukten aufnehmen und die Verträglichkeit testen.
Eine dritte Form der Laktoseintoleranz ist die Congenital Lactase Deficiency, kurz CLD. Diese seltene, aber schwere Erkrankung bei Säuglingen ist auch unter dem Namen „Kongenitale Alaktasie“ bekannt.
Die CLD ist ein angeborener Mangel an Laktase. Davon betroffene Säuglinge vertragen keine Muttermilch. Besteht ein Verdacht auf Laktoseintoleranz, muss sofort ein Arzt hinzugezogen werden. Dieser verordnet dem Baby laktosefreie Spezialnahrung. Nur damit kann es sich gesund entwickeln. Die CLD ist nicht heilbar.
Es gibt noch eine weitere Form der Laktoseintoleranz, die nur Frühgeborene betrifft. Bei ihnen setzt die Laktaseproduktion erst einige Wochen nach der Geburt ein. Auch sie erhalten entsprechende Spezialnahrung.
Wer als Erwachsener von Laktoseintoleranz betroffen ist, muss seine Ernährung so umstellen, dass der Darm nicht durch Laktose belastet wird und ihm die unangenehmen Symptome erspart bleiben. Worauf müssen Betroffene achten?
Mehr als das Glas Milch vermeiden
Wer von sich weiß oder vermutet, dass er eine Laktoseintoleranz hat, vermeidet zunächst das gewohnte Glas Milch und den leckeren Kakao. Er geht, zumindest für eine Zeit lang, auch Quark und Käse aus dem Weg.
Hat der Betroffene dennoch immer wieder Bauchgrummeln und Durchfall, forscht er weiter. Er stellt fest:
In vielen Nahrungsmitteln ist „versteckte“ Laktose enthalten. Dazu gehören:
• Backmischungen
• Brot
• Brötchen
• Fertigprodukte
• Frischkäse
• Gewürzmischungen
• Kartoffelbrei, fertig
• Käse
• Kekse
• Klöße, vorgefertigt
• Kondensmilch
• Kuchen
• Milchspeiseeis
• Müsli, fertig gemischt
• Sahne
• Salatdressing, fertig
• Schokolade
• Soßen, fertige
• Soßenbinder
• Süßigkeiten
• Toast
• Waffeln
• Weißbrot
Auf abgepackten Lebensmitteln ist laut Vorschrift die Zutatenliste zu lesen. Laktose verbirgt sich auch hinter Begriffen wie:
• Casein, Kasein, Kaseinat (Milcheiweiß)
• Laktosemonohydrat
• Magermilchpulver
• Molke, Molkepulver, Süßmolke
• Topfen (Quark)
• Vollmilchpulver
• Zuckerstoffe
Je nachdem, wie viel Laktase der Dünndarm noch produziert, kann trotz Laktoseintoleranz eine gewisse Menge an Milchzucker ohne Beschwerden verzehrt werden. Betroffene sollten ihren Toleranzbereich kennen.
Wie viel Laktose ist verträglich?
Fast jeder Betroffene kann eine kleine Menge Laktose vertragen. Ausgetestet wird das, indem man zunächst einige Tage lang laktosehaltige Produkte weglässt, bis man keine Beschwerden mehr verspürt. Danach werden Milchprodukte schrittweise wieder in den Speiseplan aufgenommen. Ein Ernährungstagebuch hilft, die vom Körper tolerierte Menge an Laktose zu ermitteln. Diese Menge sollte nicht überschritten werden, denn ein „Training“ der Verträglichkeit ist nicht möglich.
Milchsäurebakterien erleichtern den Abbau von Laktose. Auch Fett wirkt sich positiv auf die Verträglichkeit aus. Der Milchzucker gelangt durch das Fett langsamer in den Darm und so hat die Laktase mehr Zeit ihn zu spalten.
Deshalb kann zum Beispiel eine Portion fettreicher Joghurt bekömmlich sein, während ein Glas fettarme Milch Verdauungsbeschwerden auslöst.
Außerdem enthalten gereifte Käsesorten und Sauermilchkäse weniger Laktose und werden von vielen Menschen besser vertragen.
Wird nun der Milchverzehr eingeschränkt, taucht bei den Betroffenen die Frage nach Alternativen auf. Diese sind gar nicht so schwer zu finden.
Alternativen zu Milchprodukten
Im Handel gibt es schon eine breite Palette von laktosefreien Produkten. Die Bezeichnung ist eigentlich nicht korrekt. Die Produkte enthalten noch immer Laktose. Doch ihnen wurde Laktase zugesetzt, so dass sie auch für Menschen mit Laktoseintoleranz bekömmlich sind.
Sie schmecken dadurch etwas süßer, was sich besonders bei der laktosefreien Milch bemerkbar macht.
Weitere Alternativen sind Zubereitungen auf Sojabasis. Als Ersatz für Milch kommen auch Haferdrink, Reisdrink oder Mandelmilch in Frage. Hier sollte der Geschmack entscheiden.
Vor einem Restaurantbesuch oder anderen besonderen Anlässen kann man ausnahmsweise zu einem Laktasepräparat greifen. Die passende Dosierung ergibt sich aus der zuvor ermittelten Toleranzgrenze für Laktose.
Eine Dauerlösung ist das jedoch nicht, denn die künstliche Laktase arbeitet nicht so vollständig wie das körpereigene Enzym das tun würde. Bei unkontrolliertem Verzehr von Milchzucker stellen sich also nach einiger Zeit trotz Einnahme der Laktase wiederum Beschwerden durch unverdauten Milchzucker ein.
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